Wirtschaftswunderland: Dann werden tausend Märchen wahr
Eines Tages wird der "schwächelnden Konjunktur" (Spiegel) nichts anderes übrigbleiben als sich dem Lächeln des Kanzlers zu beugen. |
Der Begriff "Wachstumsschwäche" beschreibt es so gut wie die Vokabel "Laufschwäche" die Galoppfähigkeiten eines Pferdes ohne Beine. Doch bei der Präsentation der Vorhersagen der Kaffeesatzleserrunde der sogenannten Wirtschaftsweisen setzte Olaf Scholz trotzig sein übliches Hanseatenlächeln auf. Es hätte schlimmer kommen können, ist also wiedereinmal sehr gutgegangen. Um nur 0,4 Prozent wird die Wirtschaftsleistung am Ende schrumpfen, das ist selbst für die im Gesundbeten der Situation nicht unerfahrenen Propheten eine so lehrbuchreife Rezession, dass die zuletzt am liebsten verwendete Beschreibung als "Stagnation" diesmal außen vor blieb.
Kein kranker Mann nirgendwo
Eine Langzeitaufnahme, die wundergeheilt wird |
Doch mit dem Begriff "Wachstumsschwäche" (®© BWHF) lässt sich selbst das Desaster, das wie immer weit schlimmer war als vorhergesagt, noch auf Hochglanz polieren. Kein kranker Mann weit und breit, nur ein recht schwacher. Deutschland, diese Interpretation des Niedergangs gilt ab sofort, duckt sich derzeit ab wie ein Sprinter in den Startblock. Sieht für einen Augenblick klein aus.
Wenn er aber er losläuft, aus der Grube, der Kuhle, den Loch, dann wird er förmlich explodieren. Gerade wer von ganz unten kommt, hat richtig Schwung, jeder Gewichtheber kennt das. Eben noch scheint das Eisen stärker zu sein, die Gravitation allmächtig. Schon spricht das Bundesverfassungsgericht hinter verschlossenen Türen mit der Bundesregierung, um über die "Krise als Motor der Staatsmodernisierung" zu sprechen. Und auf einmal, scheinbar ohne ersichtlichen Grund, "springt das Wachstum an" (DPA). Gleich um lediglich 0,7 Prozent sehen es die Experten nach oben springen. Wenn alles gut geht.
Dass nichts dafür spricht, spricht nicht dagegen
Nichts spricht dafür. Aber das spricht nicht dagegen. Mag auch die Industrieproduktion schon seit 2016 dauerhaft schrumpfen und selbst der Zuzug von 2,5 Millionen neuen Kundinnen und Kunden weder den Arbeitsmarkt belebt noch mehr Investitionen oder noch mehr Konsum bewirkt haben. Dass die Gesamtproduktion zurückgeht, ist eine Momentaufnahme, wenn auch langzeitbelichtet.
Nach den letzten Zahlen vom September ging es auf Monatssicht nochmal um 1,4 Prozent zurück, wie das Statistische Bundesamt ausgerechnet hat. Dieser vierte monatliche Rückgang in Folge vermag den Wunderglauben im Rat der Weisen, im Kanzleramt und in den angeschlossenen Abspielstationen aber nicht beirren. Man "justiert die Konjunkturprognosen nach" (Westdeutsche Zeitung), erwartet "leichtes Wachstum" (Tagesschau) einfach etwas später und erst nach einer "schwächelnden Konjunktur" (Spiegel). Hat aber mit China, der Inflation, den Kriegen und Krisen ein ganzes Bündel an externen Gründen gefunden, warum die Superpolitik, über die man jeden Tag begeistert berichtet, so beharrlich nicht greifen will, dass selbst die treuesten der Treuen, die es bisher wie auf Befehl vermieden hatten, die Rezession eine Rezession zu nennen, nun doch davon schreiben.
Unverhofft kommt ziemlich oft
Nein, es ist nicht mehr nur die Stimmung, die schlecht ist, es sind nicht mehr nur die Hetzer, die alles kaputtreden und nicht glauben wollen, dass die Industrie ihre Produktion "unerwartet" (Spiegel, 7.11. 2023) heruntergefahren hat. Aber vielleicht ist es der Moment, an dem die Nacht am tiefsten ist und die Tag am nächsten. Immerhin hat Scholz schon im Frühjahr ein Wirtschaftswunder wie in den 50er Jahren versprochen. Und Robert Habeck sei sogar, reportiert der "Spiegel", noch 2024 optimistischer als die Wirtschaftsweisen.
Der Heizungsmann sieht die Talsohle erreicht: Wenn allerlei Steuern, Abgaben, Aufschläge und Zuschläge für eine Vielzahl guter und sehr guter Zwecke ab Dezember, Januar und später im Jahr 2024 schön dosiert hintereinander steigen, wird dem seit 2016 anhaltenden rückläufigen Trend nichts anderes übrigbleiben als sich dem Lächeln des Kanzlers und dem Optimismus seines Wirtschaftsministers zu beugen und einen Freudensprung nach ganz oben zu machen.
Dann werden, wie Bruno Balz schon vor 100 Jahren vorhergesagt hat, tausend Märchen wahr.
Heil dem Bundeskaiser
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