Der Weihnachtsmannverdacht


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"Ho ho ho" ertönt die tiefe Stimme vor der Tür.
"Der Weihnachtsmann ist da!" schreien die Kinder und fangen an zu rennen.
Ich kann gerade so aus dem Weg springen. Wegen Gründen verbringe ich Weihnachten bei meiner Kusine Andrea mit ihrem Mann Martin und ihren drei Kindern. Jedes Jahr engagiert sie jemanden um den Weihnachtsmann zu spielen. Natürlich von sehr weit weg, damit man sich nicht versehentlich im Laufe des Jahres über den Weg läuft.

"Es ist halt wichtig den Glauben zu erhalten" erklärt mir ihre belehrende Stimme die Situation während der Neunjährige die Tür aufreißt.
"Ich bringe es einfach nicht übers Herz ihnen die Wahrheit zu sagen" fügt ihr Mann hinzu.
"Warum sind sie nicht schon von selbst drauf gekommen?" frage ich. Währenddessen springen die Kinder um den Schauspieler drum herum. Der macht einen echt guten Job, das Kostüm sieht sehr hochwertig aus und der Bart wirkt echt. Was der Spaß wohl kostet? Kindlicher Glaube ist wunderschön aber ist es Gesund das zu lange zu erhalten?
"Psst, jetzt nicht." flüstert Martin.

Der "Weihnachtsmann" und die Kinder kommen aus dem Flur in die Stube. Ich werde von Andrea in Richtung des Sofas beiseite geschoben, damit der Weg zum großen Lehnsessel frei ist.
Na gut, dann kann man die Show wenigstens genießen. Es läuft das übliche Programm. Der Weihnachtsmann fängt beim Kleinsten an und fragt ob die Kinder denn auch schön artig waren und was sie sich wünschen. Abgesehen von ein paar kindischen vergehen waren sie angeblich auch alle brav und jeder bekommt ein Geschenk. Sogar Mama und Papa.

"Und du, junger Mann?" fragt der Weihnachtsmann und schaut mich an.
"Öh? Was? Ich?" fang ich an zu stottern.
"Na komm mal her" sagt er und klopft auf seinen Schoß.
Ich glaube, dafür bin ich ein bisschen zu alt. Und doch stehe ich auf. Spontan überlege ich mir: den Spaß gönne ich mir. Hat ja Andrea bezahlt. Oder ihr Mann? Egal.
"Warst du denn auch schön artig?" werde ich gefragt.
"Aber natürlich." antworte ich. Und ein bisschen Sarkasmus in der Stimme kann ich mir nicht verkneifen.
"Nana, bist du nicht im Sommer ein bisschen zu schnell gefahren?" sagt der Weihnachtsmann.
Warum musste ich Andrea das auch erzählen?
"Ja, gut. Aber ich habe meine Strafe dafür ja auch bezahlt." sage ich.
"Und sonst warst du brav?" fragt der Weihnachtsmann.
Hat sie ihm sonst noch was gesteckt? Ich lasse es drauf ankommen.
"Natürlich." antworte ich.

"Ein Detektivset! Genau sowas habe ich mir gewünscht!" schreit der älteste durch das Haus.
Hu, etwas Ablenkung. Ich schaue zu den Kindern. Die anderen beiden entdecken auch gerade die Inhalte ihrer Geschenke.
"Eine Eisenbahn! Danke!" dröhnt der Mittlere. Echt? Ach so, eine aus Holz.
"Guckt mal, ich habe ein Rennauto! Toll!" freut sich der kleinste.
Mama sitzt nickend und lächelnd auf dem Sofa neben Papa und beide drehen den Kopf wieder zu mir auf dem Schoß vom Weihnachtsmann.
"Und du? Was wünschst du dir?" fragt er mich leise.
Ich weiß es nicht. Keinen Wunsch den ich hätte könnte er mir erfüllen. Ich bin nicht materiell. Ich habe fast nichts, weil ich fast nichts brauche.
"Öhm...." kommt es aus mir raus.
"Einen Gameboy!" sage ich selbstsicher. Mit etwas Kindlichkeit in der Stimme. Als Kind wollte ich immer einen haben, habe aber nie einen bekommen.
"Dann schau ich mal, ob ich auch für dich was dabei habe" sagt der Weihnachtsmann und fängt an in seinem Sack zu kramen.

"Boah, damit kann man sogar Fingerabdrücke nehmen." ruft der Älteste. "Papa, Papa, komm her. Ich will das mal testen."
"Tuuuut! Tuuuut! Tsch Tsch Tsch" macht der Mittlere Geräusche.
"Wrumm Wrumm" macht der Kleinste und schickt sein Auto durchs Wohnzimmer.

"Ah, hier hab ich was." sagt der Weihnachtsmann, taucht mit dem Kopf wieder aus dem Sack aus und drückt mir ein kleines Päckchen in die Hand. Mit Umschlag drauf.
"Öhm..." stammel ich wieder vor mich hin. Warum kann ich in Momenten der Verwirrung nichts anderes sagen? Ich ringe dann ein "Danke!?" heraus.
"So meine Lieben," sagt der Weihnachtsmann, "jetzt muss ich auch weiter. Es gibt noch viele Kinder und so manchen Erwachsenen" setzt er fort und schaut mich dabei an, "die ich heute noch besuchen muss."
Ich stehe auf, geh ein paar Schritte und schaue verdutzt auf mein Päckchen. Da hat die liebe Andrea sich echt Mühe gegeben. Ich schaue sie an und sie guckt mit erstaunt fragendem Gesicht zurück.
"Bis zum nächsten Jahr lieber Weihnachtsmann" sagen die Kinder gemeinsam und drücken ihn noch einmal ganz doll. Dann begleiten sie ihn zur Tür.

"Na, die Überraschung ist dir aber geglückt" sage ich zu Andrea.
"Das war ich nicht" sagt sie und schaut Martin an.
"Schau mich nicht so an, ich habe damit nichts zu tun." sagt Martin.
"Alle Einsteigen" ruft der Mittlere.
Inzwischen sind die Kinder wieder im Wohnzimmer. Der Kleinste schiebt wieder sein Auto durch die Gegend und der Älteste sucht anscheinend nach Spuren.
"Wenn ihr das nicht wart, soll ich das dann überhaupt aufmachen?" frage ich.
"Ich bin gerade sehr irritiert" sagt Andrea.
"Na das ist mal was Neues" sage ich. So verwirrt habe ich sie noch nie gesehen.
"Hey Papa" ruft der Älteste. "PAPA!"
Wir drehen uns alle drei und schauen ihn an.
"Warum sind auf meinem neuen Detektivset vom Weihnachtsmann deine Fingerabdrücke?" fragt er laut in unsere Richtung.
Die anderen Kinder haben das natürlich auch gehört. Den Gesichtern ist zu entnehmen, dass sogar der Vierjährige die Konsequenzen dieser Frage zumindest erahnt.
"Ok, das ist jetzt euer Problem. Ich denke mal über meins nach." sage ich und gehe ein paar Schritte Richtung Esszimmer.

Mit spärlichen "Öhms" (scheint also in der Familie zu liegen) und "Ähs" gehen Andrea und Martin auf die Kinder zu. Ich halte noch immer fragend mein Paket in der Hand.
Soll ich es öffnen? Oder schnell aus dem Fenster werfen? Ich kann mich nicht entscheiden. Im Augenwinkel nehme ich angestrengte Erklärungsversuche der Eltern war kann aber nicht verstehen, was genau gesagt wird. Die Neugier überwiegt. Ich öffne Paket und Umschlag. Ich finde einen Gameboy im Paket. Im Umschlag liegt eine Karte für die morgige Vorstellung von Charles Dickens Weihnachtsgeschichte im hiesigen Theater.

Das Telefon klingelt und reißt mich aus meiner Schockstarre. Die anderen haben gerade wichtigere Probleme und meins wird mich später noch genauso gut beschäftigen. Bestimmt ruft die Verwandtschaft an mit lieben Grüßen zum Fest. Ich heiße die Ablenkung willkommen und nehme ab.
Eine Minute später ziehe ich Andrea beiseite.
"Das war Herr Kramer." sage ich zu ihr.
"Er sagt, er nicht rechtzeitig hier sein. Hat eine Panne und ist ca. 50 Kilometer von hier liegen geblieben. Die Schleppen jetzt sein Auto nach Hause und er kann den Termin heute leider nicht halten. Die Geschenke hätte er einem Taxifahrer übergeben."

Selbst Jahre später wissen wir immer noch nicht genau, was passiert ist. Aber meine Frau, die ich tags darauf im Theater kennen gelernt hatte, und ich sind uns einig: Den Kindern erzählen, dass es den Weihnachtsmann nicht gäbe, dass werden wir niemals tun.


Diese Geschichte ist vollkommen fiktiv. Alle Personen (inklusive Erzähler) und Gegebenheiten sind frei erfunden.


Ich wünsche euch allen ein frohes Fest und glückliche Feiertage.


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In his free time he is working on his Python skills and busy improving the @hug.bot code. His family and coworkers are sometimes cause for interesting postings and whenever inspiration strikes he's good for an entertaining rant about random stuff that just comes to his mind.


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3 comments
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Sehr gute Geschichte.
In diesem Sinne wünsche ich einen angenehmen Abend und frohe Weihnachten!

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Dankeschön, das wünsche ich dir und deiner Familie ebenfalls.
!HUG

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